Fünf Jahre Selbstständigkeit - meine wichtigsten Learnings

Kinder, wie die Zeit vergeht! Vor genau fünf Jahren wagte ich den Schritt in die Selbstständigkeit. In dieser Zeit durfte ich viele tolle Projekte begleiten, noch viel mehr grundsätzliche Fehler machen. In diesem Artikel nehme ich dich mit auf eine Zeitreise und teile offen und ehrlich die meine größten Fehler - damit du sie nicht machst.

Veröffentlicht am
02
.
October
2022
Aktualisiert am
.
Lesedauer
13 Minuten
Kategorie
Business
Darum gehts
  • Nach fünf Jahren Selbstständigkeit durfte ich einige Sachen erleben - dieses Wissen teile ich mit dir
  • Tipps zur Positionierung deiner Dienstleistungen am Markt
  • Hilfestellung, um als Neugründer die ersten Kundenaufträge zu akquirieren
  • Finanzen für Dummies - diese Dinge solltest du schon vor der Gründung wissen

Die Anfänge

2016 reiste ich für ein paar Wochen nach Thailand und hatte eine unglaublich tolle Zeit in diesem Land. Ich habe auf dieser Reise viele verschiedene Menschen getroffen, die digital arbeiteten und ihr Geld als Soloselbstständige verdienten. Nach drei Wochen stand ich mit Bauchkrämpfen am Gate und musste einen Tag später meinen Dienst in meiner alten Firma antreten. Und obwohl mir der Job unfassbar viel Spaß bereitete, machte mir dieser Urlaub klar, dass das Angestellten-Dasein ein Ablaufdatum hat.

Und knapp ein Jahr später war es dann endlich so weit: Ich gründete bei der Stadt Oldenburg mein eigenes Unternehmen. Endlich konnte ich Aufträge annehmen, Rechnungen schreiben und meine Zeit selbst gestalten - na ja so halb, denn ich baute mein Business nebenberuflich auf, hatte also die Sicherheit eines Vollzeitjobs in der Hinterhand. Trotzdem war ich stolz! Und wie wahrscheinlich jeder Selbstständige* machte ich die typischen Fehler.

Lesetipp: Wenn du noch mehr über meine Anfänge lesen möchtest, kann ich dir folgenden Artikel aus meinem Blog empfehlen: Der Weg zum Webdesigner: Die Story hinter meiner Passion

Plane dich nicht zu Tode

Wahrscheinlich ist es dir im ersten Absatz schon aufgefallen: Zwischen dem Entschluss der Selbstständigkeit und der tatsächlichen Gründung verging fast ein gesamtes Jahr. Daran war natürlich nicht Faulheit oder gar Demotivation schuld, sondern vielmehr die komplette Planungskatastrophe. Ich schmiedete eine Menge Pläne und bereite eigentlich meine gesamte Ausstattung vor: Visitenkarten, Angebote, Pitchdecks, Logos - alles! Ohne dass auch nur ein einziger Kunde am Horizont zu sehen war, hatte ich bereits perfekte Vorlagen gebaut und eine eigene Website gestaltet und programmiert.

Mein Grundgedanke dahinter war ziemlich offensichtlich. Ich wollte potenzielle Kundschaft direkt professionell ansprechen und beeindrucken. Ich schaute mir endlose Videos über Verkaufsgespräche an, ohne dass ich nur eine einzige Projektanfrage im Postkasten hatte. Ja, ich verschwendete eine Menge Zeit. Gebracht hat es mir alles nichts. Als es dann so richtig losging, war ich mit meinen Materialien nicht mehr zufrieden und baute etwas komplett Neues auf.

So machst du es besser: Selbstverständlich ist eine professionelle Website wichtig, um deine Kunden von deiner Expertise zu überzeugen. Aber verschwende deine wertvolle Zeit nicht, um diese bis ins letzte Detail zu planen und umzusetzen. Geh so schnell wie möglich an die Öffentlichkeit (maximal zwei Wochen Entwicklungszeit) und konzentriere dich stattdessen auf die Akquise von Aufträgen. Du hast Lust am Schreiben oder an der Videoproduktion? Umso besser! Integriere einen Blog auf deine Website, erstelle dir einen YouTube-Kanal und leg los.

Verzichte auf den Bauchladen

Ich kenne nur wenig andere Webdesigner, die sich am Anfang ihrer Selbstständigkeit auf einen Kernbereich spezialisiert haben. Die meisten haben nebenbei noch weitere Dienstleistungen angeboten. Dies liegt auch nahe, denn die meisten Webdesigner haben einen kreativen Background in ihrer Karriere, beispielsweise eine Ausbildung zum Mediengestalter absolviert. Außerdem gibt es im Bekanntenkreis immer jemanden, der mal einen Flyer oder ein Logo benötigt. Die Versuchung, dem schnellen Geld zu erliegen, ist daher verständlich.

Ich habe auch viele andere Leistungen angeboten. Ich war Webdesigner, Social Media Manager, Grafikdesigner und Fotograf. Ach, und irgendwie war ich auch noch "der IT-Mensch". Als ich dann mein eigenes Portfolio erstellen wollte, wusste ich gar nicht so recht, was ich überhaupt machen möchte. Kurzerhand entschied ich mich gegen den ganzen Grafikkram und für den Webdesigner. Hier hatte ich die größte Expertise und die meiste Erfahrung.

So machst du es besser: Höchstwahrscheinlich befindest du dich als angehender Selbstständiger noch in einem Angestelltenverhältnis. Ein Job, der dir hoffentlich viel Freude bereitet und mit dem du jetzt auf eigenen Beinen Geld verdienen willst. Versuche dich möglichst genau zu spezialisieren. Definiere die Leistungen, welche du besonders gern machst oder suche dir eben diese Branche heraus.

Beispiel: Ein Bekannter hat viele Jahre als Sound Designer in einem Tonstudio gearbeitet und nebenher Lieder aus Videospielen neu aufgesetzt. Musik und Gaming waren seine Leidenschaft. Und genau diese hat er als selbstständiger Komponist für Videogames miteinander verbunden. Er macht keine Jingles, keine Filmmusik oder Ähnliches - nur spezielle Stücke für Games.

Baue dir ein solides Portfolio deiner besten Arbeiten auf und du bist bereit für größere Aufträge. Die Tätigkeit sollte dir Spaß machen, denn eine Neuausrichtung deiner Leistungen kann nach einigen Jahren viele treue Kunden verprellen und eine Menge Energie kosten.

Thema Gründen: informiere dich!

Als ich den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, hatte ich nicht mal eine Ahnung, wo ich ein Unternehmen gründen kann. Ich betrieb erst einmal Recherche und stieß relativ schnell auf weitere Fragen:

  • Welche Unternehmensform soll ich gründen?
  • Ist die Kleinunternehmerregelung etwas für mich?
  • Welche Steuern und Abgaben kommen auf mich zu?
  • Was zur Hölle ist die Künstlersozialkasse?

So viele Fragen in meinem Kopf und noch weniger Plan als vorher. Die Dame bei der Stadt hatte eine Engelsgeduld und gab mir enorm viele wertvolle Tipps.

So machst du es besser: Nehme dir ein paar Tage Zeit, um dich über die Unternehmensformen und Steuern zu informieren. Idealerweise bist du bestens vorbereitet, wenn du bei deiner Stadt oder Gemeinde dein eigenes Business gründest. Eine der wichtigsten Entscheidungen wirst du sehr schnell treffen müssen: Kleinunternehmer oder nicht. Wenn du kleinere Projekte neben deinem Vollzeitjob durchziehen möchtest, dann ist die Kleinunternehmerregelung tatsächlich eine ernsthafte Möglichkeit für dich. Hier liegt die Umsatzgrenze bei derzeit 22.000 Euro (Stand: September 2022). Außerdem musst du dich nicht mit Umsatz- und Mehrwertsteuer herumschlagen, denn auf diese verzichtest du.

Nachteil des Ganzen: Bezahlte Mehrwertsteuer bekommst du nicht erstattet. Gerade bei größeren Anschaffungen zu Beginn der Selbstständigkeit können dadurch nicht angerechnet werden. Ich habe mich damals aus zwei Gründen gegen diese Regelung entschieden:

  1. die Umsatzgrenze war damals deutlich niedriger, lag bei 17.500 Euro
  2. mir war klar, dass ich mit 2-3 größeren Aufträgen diese Grenze erreichen würde

Manche Unternehmen sind auch ein wenig irritiert über Freelancer mit Kleinunternehmerstatus. In meinem Bekanntenkreis habe ich immer wieder folgenden Satz gehört: "Die verdienen mit ihrer Arbeit ja nicht einmal 20.000 Euro im Jahr, wie soll das denn professionell gehen?". Ich gebe offen zu, dass diese Aussagen mich auch in die andere Richtung gelenkt haben.

Nutze dein bestehendes Netzwerk

Business angemeldet und bereit loszulegen? Dann solltest du dein Umfeld wissen lassen, dass du ab sofort als Freelancer zur Verfügung stehst und bei Dienstleistung XYZ unterstützen kannst. Jedes Mal, wenn eine Bekanntschaft dich fragt: "Und, was gibt es Neues bei dir?", holst du die Pitch-Keule raus. Jeder noch so entfernte Bekannte muss von deiner neuen Tätigkeit wissen. Irgendwann wird der Tag kommen, an dem du eine Mail oder einen Anruf erhältst und sich das Ganze gelohnt hat. Die ersten Aufträge habe ich damals ebenfalls aus meinem existierenden Netzwerk gewonnen. Arbeitskollegen, Freunde und Familie - ich war zur Stelle und hab alles angenommen, was ging.

Beispiel: Dank einer Weiterempfehlung aus meinem Freundeskreis durfte ich vor zwei Jahren ein tolles, umfangreiches Projekt mit einem Handwerksunternehmen umsetzen. Diese vertrauten mir vollständig, sodass ich auch bei der Content-Erstellung freie Hand hatte.

So machst du es (noch) besser: Wie oben beschrieben, sollte jeder in deinem Bekannten- und Familienkreis wissen, dass du neue Aufträge suchst und unterstützen kannst. Bitte zudem Freunde um weitere Hilfe. Versuche über Vitamin B Kontakt zu Unternehmen aufzubauen, die eventuell deinen Support benötigen könnten. Meist ist ein Türöffner deutlich erfolgreicher als die nervige Kaltakquise - vor allem, wenn du mit Letzterem noch keine Erfahrungen gemacht hast.

Verkaufe dich nicht unter Wert

Mit diesem kritischen Thema wirst du früher oder später garantiert konfrontiert werden. Vielleicht sogar bei deinem ersten Kundenauftrag, welcher nicht aus deinem Netzwerk kommt. Die Preisfrage ist immer ein heikler Moment, besonders wenn dein Gegenüber keinerlei Ahnung von der Materie hat. Vielleicht pokerst du in deinen ersten Gesprächen deutlich zu hoch, lässt dich anschließend auf einen minimalen Betrag herunterhandeln - eine Mischung aus Ernüchterung und Fassungslosigkeit macht sich in deinem Bauch breit. Was ist da bitte gerade passiert?

Keine Sorge, da müssen wir alle mal durch. Auch ich kam schon in den Genuss eines Projekts, welches am Ende sogar noch unter meinem Minimalstundensatz lag. Der Kunde hatte ein Budget von 3000 Euro für eine Website. Aus dieser "einfachen Internetseite" wurde ein ganzes Portal. Allein an den Wireframes und Prototyp-Designs arbeitete ich fast 100 Stunden. Insgesamt kam ich auf einen effektiven Stundensatz von unter 15 Euro. Während mein Bankkonto schrumpfte, wuchs der Frust in mir. Der Auftraggeber hielt die vereinbarte Summe für zu hoch angesetzt und wollte am Ende des Projekts nachverhandeln.

Mit ein paar Jahren Abstand blicke ich zurück und grinse in mich hinein. Wie konnte ich nur so naiv sein und mir die Butter vom Brot nehmen lassen. Ich war mächtig stolz über den Auftrag und wollte das Projekt bestmöglich abschließen.

So machst du es besser: Geld spielt in jedem Projekt eine Rolle - mal eine enorm große, mal wird nur kurz darüber geredet und das Thema ist abgehakt. Du solltest deinen persönlichen Marktwert auf jeden Fall schnellstmöglich ermitteln. Ich befragte befreundete Webdesigner in meinem Netzwerk über ihre Einkünfte, Projektbudgets und natürlich auch Ausgaben.

Ich habe mich entschieden, ausschließlich Projekte anzunehmen, die für mich profitabel sind und der Kunde einen Wert erkennt. Einmal im Jahr greife ich Organisationen oder Menschen unter die Arme, die gerne mit einem Webdesigner zusammenarbeiten würden, die finanziellen Mittel es aber nicht zulassen.

Und genau hier liegt der Vorteil: Manchmal ist es besser, etwas kostenlos und ohne Profitgedanken zu machen. Du kannst neue Wege ausprobieren und eine tolle Kundenreferenz aus solchen Projekten herausholen.

Lesetipp: Sicherlich hast du dich als Webdesigner auch schon gefragt, wie viel du für deine Dienstleistung abrufen kannst. In meinem Artikel Nachgedacht: Was kostet eine Website? steige ich tiefer in diese Thematik ein.

Plane deine Zeit (sinnvoll)!

Das Thema Zeitmanagement ist besonders wichtig, wenn du dich neben deiner Haupttätigkeit selbstständig machst. Du wirst weiterhin deinem Vollzeitjob nachgehen und hast deswegen ein limitiertes Zeitfenster, um dein eigenes Business nach vorne zu bringen. In den meisten Fällen sind dies die Abende nach den Arbeitstagen oder die Wochenenden. Sorge dafür, dass du diese kostbare Zeit auch wirklich sinnvoll investierst. Je nachdem, ob du weitere Verpflichtungen (Familie, Freundeskreis, Sportverein etc.) hast, solltest du dringend freie Zeit blockieren. Wenn du sieben Tage die Woche 13 Stunden arbeitest, dann ist dein Unternehmertum schneller vorbei, als es angefangen hat.

Allgemein solltest du immer ein Auge auf die Zeit haben. Auch wenn wir Menschen uns teilweise extrem unterscheiden, in diesem Thema gibt es für keinen von uns irgendwelche Unterschiede. Wir alle haben nur 24 Stunden am Tag zur Verfügung und sollten versuchen, das Beste daraus zu machen. Dir sollte zudem bewusst sein, dass du verschwendete Zeit nicht rückgängig machen kannst.

Ich empfehle dringend ein Time Tracking Tool zu verwenden, um gearbeitete Stunden aufzuzeichnen. Die meisten Freelancer arbeiten zu Beginn ihrer Karriere auf Stundenbasis, vor allem wenn sie ein fest vereinbartes Stundenkontingent mit ihren Kunden vereinbart haben. Diese erwarten selbstverständlich auch ein umfangreiches Reporting mit Tätigkeit und Stundenauflistung. Ein weiterer Vorteil eines solchen Tools ist, dass du schon nach kurzer Zeit ein sehr gutes Gefühl für deine Zeit bekommst. Du findest Zeitfresser, kannst den Umfang von Projekten gut einschätzen und damit genauere Angaben machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass du dich mit einem Projektangebot verkalkulierst, wird auf diesem Weg drastisch reduziert.

Die meisten Tools auf dem Markt sind kostenpflichtig und unterscheiden sich in ihren Funktionen kaum. Achte darauf, dass es sowohl eine App für den Desktop als auch für das Smartphone gibt. Gute Erfahrungen habe ich in den letzten Jahren mit Timely gemacht. Aber auch toggl ist eine gute Alternative, besonders da es für kleine Teams kostenlos ist. Wenn du also als Freelance-Webdesigner durchstarten möchtest, kannst du mit toggl Geld sparen. Limitierungen gibt es häufig bei der Anzahl an Projekten oder getrackten Tasks. Ist die maximale Menge überschritten, musst du die Kreditkarte zücken. Die monatlichen Kosten liegen in der Regel bei 10-20 Dollar. Vollumfänglich kostenfrei ist das Tool Clockify.

Empfehlen kann ich zudem noch einen Wochenplan. Du trägst die anstehenden Aufgaben und Meetings in deinen Kalender oder in eine besondere App - ich nutze beispielsweise Notion. Dabei gehe ich wie folgt vor:

  • Name der Aufgabe
  • Dringlichkeit (hoch, mittel, niedrig)
  • geschätzter Aufwand an Stunden
  • Tage, an denen ich diese Aufgabe angehe

Dieses "Tagebuch" garantiert dir den perfekten Überblick über deine Projekte und Tasks. Nicht beendete Sachen werden einfach in die kommende Arbeitswoche geschoben. 30 Prozent meiner Arbeitszeit blockiere ich mir für mein eigenes Unternehmen. Das kann beispielsweise Weiterbildung oder etwa die Aufarbeitung der Finanzen sein - oder eben dieser Blog.

Zeitmanagement ist enorm wichtig, um deine Projekte, privaten Verpflichtungen und Hauptjob unter einen Hut zu bekommen. Eine gute Planung erlaubt es dir, ohne Stress in den Urlaub zu fahren und ohne Angst in das kommende Kundenmeeting zu gehen.

Lesetipp: Im Artikel Der Beruf Webdesigner: Ein Tag in meinem Arbeitsleben gibt dir einen Einblick in meine Tages- und Wochenplanung. Natürlich mit guten Tipps, die du direkt adaptieren kannst, um deine Produktivität langfristig zu steigern.

Hab deine Finanzen im Griff

Dein Unternehmen ist gegründet und die ersten Projekte konntest du auch bereits umsetzen? Herzlichen Glückwunsch! Sicherlich wirst du bald einen Brief erhalten, der dein Herz ein wenig schneller schlagen, dich vielleicht sogar in Panik ausbrechen lässt. Die Rede ist vom Finanzamt. Ich habe ehrlicherweise überhaupt keine Ahnung, warum Menschen so viel Angst vor dem Fiskus haben. Im Normalfall solltest du deine Finanzen IMMER im Blick haben.

Den ersten Kontakt wirst du relativ zügig nach der Gründung deines Unternehmens (Gewerbeanmeldung) erhalten. Das Amt fordert dich dazu auf, den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung digital auszufüllen - Freiberufler sind hiervon ausgeschlossen. Hierfür kommen fünf Buchstaben zum Einsatz, die bei so manchen Leuten ebenfalls Bauchschmerzen auslösen: ELSTER (ELektronische STeuerERklärung"). In diesem Portal kannst du deinen ganzen Steuerkram (Umsatzsteuer, Einkommenssteuer etc.) einreichen. Dafür benötigst du einen Account, welchen du erst einmal anlegen musst. Das ganze Prinzip ist keine Raketenwissenschaft, versprochen!

Vor der Gründung solltest du dir definitiv Basiswissen in Sachen Finanzen und Steuern anlegen. Begriffe wie "Umsatzsteuer", "Mehrwertsteuer" und "Einkommenssteuer" sollten kein Fremdwort für dich sein. Zudem wirst du in deiner Zeit als Unternehmer einige Rechnungen schreiben, um Geld zu verdienen. Daher sollte auch hier Grundwissen vorhanden sein.

Meiner Meinung nach das Wichtigste ist jedoch die Wirtschaftlichkeit deiner Dienstleistung. Du musst profitabel arbeiten, um wachsen zu können. Daher ist es unausweichlich, dich mit deinen Ausgaben zu beschäftigen. Stelle eine Tabelle mit deinen beruflichen und privaten Kosten auf, um deine monatlichen Fixkosten zu ermitteln. Wie viel Geld benötigst du monatlich, um überleben zu können? Manchmal finden sich in solchen Tabellen auch Sachen, die du gar nicht mehr benutzt. Welcher angehende Unternehmer mit Vollzeitjob braucht schon ein aktives Netflix-Abo? :-)

Auf diese Weise ermittelst du auch deinen eigenen (internen) Stundensatz. Du brauchst ein Beispiel? Here we go:

Anton arbeitet als Freelance-Webdesigner rund 30 Stunden (135 Stunden im Monat) in der Woche. Seine monatlichen Fixkosten belaufen sich auf circa 3300 Euro (inklusive Steuern und Krankenversicherung). 75 Prozent seiner Zeit arbeitet er für seine Kunden, also etwa 101 Stunden.

Um die Fixkosten decken zu können, muss er mindestens 32,67 Euro in der Stunde verdienen - und auf volle Auslastung hoffen. Großes Problem dabei: Anton kann mit dem Geld überleben, mehr aber auch nicht. Als Selbstständige zahlen wir nicht wie Arbeitnehmer in die Rentenkassen ein, müssen uns selbst um die Altersvorsorge kümmern. Und die kann verdammt teuer sein! Auch ein Urlaub oder plötzlich anfallende Kosten (Zahnarztrechnung, Autoreparatur) müssen insgeheim kalkuliert werden.

All diese "versteckten" Positionen solltest du zwingend in deiner Ausgabentabelle berücksichtigen. Du wirst sehen, dass dein realer Stundensatz damit automatisch drastisch steigt. Die meisten Webdesigner liegen irgendwo im Bereich 60 - 120 Euro. Startest du nebenberuflich, hast du die Sicherheit eines monatlichen Einkommens. Dies bedeutet nicht, dass du deine Preise auf 20 Euro die Stunde reduzieren sollst. Dein Ziel sollte ein profitables Business sein und kein Preisdumping.

Eine weitere Empfehlung von mir ist das Trennen deiner Ausgaben. Geschäftsausgaben sollten über ein separates Geschäftskonto laufen, um die Kontrolle zu bewahren. Diese Konten kosten bei digitalen Banken kaum noch etwas und haben eigentlich immer eine vollwertige Kreditkarte am Start. Gerade als digitaler Arbeiter wirst du ebendiese benötigen, da die meisten Anbieter ihren Sitz in den USA haben und die Zahlung per Kreditkarte der einfachste Weg ist.

Außerdem kann ich dir die Zusammenarbeit mit einem Steuerberater an Herz legen. Auch hier wird eine kleine Gebühr fällig, irgendwas zwischen 30 - 50 Euro im Monat (kannst du wieder absetzen, Hurra!). Dafür hast du professionelle Hilfe an deiner Seite, einen Ansprechpartner bei Fragen und das Finanzamt lässt dich weitestgehend in Ruhe.

Ich habe damals nahezu alle Fehler gemacht, die man hätte fabrizieren können. Zu Beginn hatte ich kein Geschäftskonto, sondern alle Zahlungen liefen über mein privates Girokonto. Durch den Vollzeitjob hatte ich auch das Mindset, dass eingehendes Geld quasi bereit zum Ausgeben ist. An Steuern dachte ich nur im Hinterkopf. Und auch meine Organisation der Finanzen ließ ein wenig zu wünschen übrig, denn ich stopfte alle Rechnungen und Belege in eine Klarsichtfolie und bearbeitete diese erst zum Jahresende. Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass ich bis dahin viele Zusammenhänge bereits vergessen habe und ich sauer auf den Vergangenheits-Steve war. Lernen durch Schmerz eben.

TLTR (Too Long To Read)

  • investiere nicht unendlich viele Stunden in Assets (Präsentationen, Angebote), die du noch gar nicht benötigst. Gehe stattdessen schnellstmöglich mit Website und kleinem Portfolio online
  • fokussiere dich auf einen bestimmten Bereich, welcher dir viel Spaß bereitet. Verzichte auf ein breites Angebot - sei stattdessen lieber ein Experte auf deinem Gebiet
  • setze dich mit dem Gründungsprozess auseinander. Schaue dir die verschiedenen Unternehmensformen an, besonders wenn du gemeinsam mit einem Freund gründest
  • die meisten deiner ersten Aufträge wirst du aus deinem privaten Netzwerk erhalten. Erzähle Familie und Freunden von deiner neuen Selbstständigkeit, greife ohne schlechtes Gewissen auf ihr Netzwerk zurück
  • verkaufe dich und deine Dienstleistung nicht unter Wert. Manchmal ist es sinnvoller, ein Projekt entweder abzusagen oder in besonderen Fällen kostenlos umzusetzen
  • verschwende deine Zeit nicht mit Dingen, die dich nicht weiterbringen. Stelle Wochenpläne mit deinen Zielen auf, um diese auch fristgerecht zu erreichen
  • eigne dir ein umfassendes Basiswissen im Finanzwesen an. Dieses wird dir dabei helfen, deine Finanzen im Griff zu haben und dir die Angst vor dem Finanzamt nehmen
Steve von wyreframe
Webdesigner
* Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen wird zwar nur die männliche Form genannt, stets aber die weibliche Form gleichermaßen mitgemeint. Menschen jeglichen Geschlechts sind mir als Leser*innen herzlich willkommen 🌈❤️

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